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Bienen können auch anders...

Nach unseren Kiteversuchen am Meer fuhren wir mit Sämi wieder weiter in den Süden und zurück ins Landesinnere. Das Meer und der Strand sind immer wieder schön, doch wer schon mal in Spanien an der Ostküste entlanggefahren ist, weiss, dass viele Abschnitte total überbaut sind und mit hässlichen Hotels und Resorts verunstaltet wurden. Nur nach wenigen Kilomteren ins Landesinnere sieht das Bild jeweils ganz anders aus. Die bewaldeten "Berge", die Felsen, Flüsse, Seen und die herzigen, kleinen Dörfer lassen unsere Herzen jedesmal wieder höher schlagen. Wir können in diesen Gebieten stundenlang zu Fuss, mit dem Bike oder dem Rennvelo unterwegs sein und keiner Menschenseele begegnen. 


An einem Tag hat es seit langem wieder mal geregnet. Wir machten eine Runde zu Fuss durch die Wälder und Hügel in der Nähe von Montanejos und genossen die feuchte und mysthische Stimmung. Montanejos, ein eher touristisches Dorf, war wegen Corona und Zwischensaison wie ausgestorben. Gut für uns, so konnten wir ungestört in der Nähe der warmen Quellen zwei Nächte übernachten. 


Meistens haben wir zwei Nächte am selben Ort verbracht und die Region erkundet. Wir bleiben wo es uns gefällt. Ich plane hie und da eine schöne Strecke mit dem Rennvelo für mich alleine und Roger lädt mich dann am Endpunkt mit Sämi auf und gemeinsam suchen wir uns ein lauschiges Plätzchen für die Nacht. 


Vorgestern unternahmen wir wieder gemeinsam eine Rennvelotour in den Bergen von Dos Aguas. Wir hatten etwas mehr als die Hälfte hinter uns gebracht und wollten im nächsten Dorf eine Kaffeepause einlegen, als mir beim Fahren eine Biene ans rechte Bein flog und kurz unterhalb des Knies stach. Ich als Allergikerin hielt sofort an. Roger entfernte den Stachel, welcher noch in meinem Bein steckte. Da ich nicht absolut sicher war, ob mich eine Biene, oder ein anderes Insekt gestochen hatte, welches auch den Stachel verliert, setzte ich mich zuerst mal hin. Roger und ich hielten zuerst einmal Kriegsrat, ab wann die teure Epipen Spritze zum Einsatz kommen sollte. Wir wollten sie nicht vergeuden. Ich weiss, dass ich auf Wespen nur zwei von sechs und Bienen fünf von sechs Stufen allergisch bin. Bienen sind für mich tödlich, Wespen nicht. Und ob spanische Bienen gleich giftig sind, wusste ich auch nicht. Als mir nach fünf Minuten langsam die Luft weg blieb und mein Schädel zu explodieren drohte, spritzte mir Roger meine Adrenalinspritze in den Oberschenkel und wählte die Notrufnummer 112. Keine 10 Minuten später waren die Ambulanz und ein Polizeifahrzeug bereits da. Ich musste mich ins Fahrzeug setzen und mit Blaulicht gings in das nächstgelegene, grössere Dorf, ins Medical Center. Dort wurde ich von drei Männern, einem Arzt und zwei Pflegern, empfangen und vollgequaselt. Sie spritzten mir verschiedene Medikamente und beobachteten, wie sich mein Allergieschub veränderte. Schon bald konnte ich wieder ruhig atmen, die Schmerzen im Kopf und Unterleib und der Brechreiz gingen weg. Da ich nie mein Handy mitnehme, wenn Roger mit auf eine Tour kommt, konnte ich ihn nicht informieren, dass es mir besser geht und wo er mich abholen kann. Zum Glück sprach der Arzt Französisch. Er schrieb Roger eine WhatsApp Nachricht mit dem Standort. Ich wurde von den Pflegern verköstigt und beobachtete während dem Warten auf Roger die Geschehnisse in diesem Medical Center. 


Roger musste zuerst mit dem Velo noch 40km zurück zu Sämi fahren. Diese Strecke spulte er in rekordverdächtiger Zeit ab (Der "Heimlifeis" kann ja wenn er will). Die Prioritätenliste sah dann folgendermassen aus: Zuerst wurde das Rennrad  vom Unglücksort geholt und dann ich. Wer mich kennt weiss, das dies ganz in meinem Sinne war... Ich war froh ihn umarmen zu können. Noch ziemlich benebelt von den vielen Medis fuhren wir zurück zu unserem  Übernachtungsplatz. 


Mir geht es wieder gut. Gestern war ich noch total schlapp und wir fuhren mit Sämi weiter bis nach Guadalest. Heute ging es mir wieder besser und gemeinsam unternahmen wir eine schöne Rennvelotour, zum Glück ohne Bienenbesuch. Nur mein Bein ist bis zum Knie noch ziemlich geschwollen und tut weh. Sieht aus wie ein fettes Wasserbein. Trotz der Hitze laufe ich jetzt mit Stützstrümpfen rum, damit sich die Schwellung hoffentlich bald wieder auflösen wird.


Ich bin dankbar ist alles gut gegangen. So schnell kann es gehen. Deshalb und auch sonst, geniesse ich meine Freiheit und jeden Tag meines Nomadenlebens. Denn Träume soll man leben, irgendwann ist es sonst plötzlich zu spät dafür.


Pura vida

Cristina

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