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Vom Pech verfolgt...

Während ich diesen Blog schreibe, sitze ich im Sämi und das regnerische Wetter widerspiegelt meine aktuelle Stimmung. 


Wie Roger im letzten Blog geschrieben hat, ist auf einer meiner Ausfahrten mit dem Rennvelo mein Wechsler abgerissen. Mein Rennvelo ist mittlerweile 9 jährig. Ich habe es im Sommer 2014 aus zweiter Hand von einem Velofreak aus Deutschland übernommen. Etliche Kilometer und unzählige Abenteuer durfte ich bereits mit ihm erleben. Ich weiss, es ist in die Jahre gekommen. Doch es läuft eigentlich immer noch super und ich wehre mich gegen unseren unnötigen Konsumwahn und nutze meine Sportutensilien, Kleider etc. bis zum bitteren Ende. So war ich letzte Woche total happy, als der Bikemechaniker in Teruel mein Rennvelo wieder flicken konnte. Er hatte zwar keine Originalteile, war aber erfinderisch und machte mein Beauty wieder fahrtüchtig.


Gestern bin ich ab Les Angles, in den französischen Pyrenäen, in ein zweitägiges Veloabenteuer gestartet. Mit Zelt, Mätteli und Schlafsack ging es los. Ich hatte mir eine schöne Runde auf der App von Komoot geplant und auf mein GPS geladen. Diese App hatte ich letzten Sommer entdeckt. Endlich bin auch ich modern und plane meine Routen mit der App und fahre mit dem GPS. Vorher war ich jeweils mit einer physischen Landkarte, sowie Eckdaten in meinem Speicher im Gehirn, unterwegs. 😆


Meine Route führte mich gestern über vier wunderschöne, einsame Pässe. Nur wenige Velofahrer, ein paar Schafe, Kühe und zwei drei Autos haben meinen Weg gekreuzt. In Ax-les-Thermes kaufte ich mir eine Packung Chips, zwei Sandwiches und ein paar Trauben als Abendessen. Mein Nachtlager habe ich etwas oberhalb in Richtung Andorra aufgeschlagen. Als alleinreisende Frau hat man gegenüber Männern immer Vorteile. Ich durfte mein Zelt auf dem Land eines Bauern aufschlagen. Wieder mal den Frauenbonus voll ausgekostet!! 😅 Geschlafen habe ich tiptop, obwohl ich so alleine in der Nacht oft Angst empfinde. Nicht vor wilden Tieren, nein, die Menschen machen mir Angst. Ich male mir leider immer aus, was ein böser Mensch mir alles antun könnte. Deshalb war das auch ein Test für kommende Projekte, welche in meinem Hinterkopf herumschwirren. Aber ja, der Wachhund auf dem Bauernhof, welcher regelmässig bei mir vorbei kam, gab mir wahrscheinlich Sicherheit und deshalb einen tiefen, gesunden Schlaf.


Heute Morgen stand ich bereits um 7 Uhr auf, weil Gewitter für den frühen Nachmittag gemeldet waren. Zum Frühstück gab es einen meiner Lieblingsriegeln von Blackfriars Flapjack!! 😋 Alles abbauen, einpacken und los ging meine Fahrt. Zum Start wartete gleich der erste Anstieg von 1200 Höhenmetern am Stück. Leider noch auf einer vielbefahrenen Strasse. Ich fühlte mich gut und genoss meine Freiheit. Nach einer Stunde passierte ich eine Bäckerei. Da konnte ich unmöglich einfach vorbeifahren und gönnte mir einen Schokogipfel und Cappuccino. Nach dem Ort L'ospitalet près l'andorre war die Strasse schon bald von frisch geflickten Teilen und kleinen Kieselsteinchen übersäht. Die Steinchen klebten an meinen Reifen und spritzten an meinen Velorahmen. Mein Velo tat mir leid und ich hoffte, dass es bald besser werden würde. Kaum hatte ich die Bauarbeiter Equipe überholt, hörte ich ein Knattern, konnte nicht mehr treten und bevor ich abstehen konnte, hatte es meinen Wechsler zum zweiten mal innerhalb einer Woche abgerissen. Ich konnte es nicht fassen. Die Tränen liefen mir übers Gesicht und schluchzend rief ich Roger an. Er war gerade auf dem Weg zum Gleitschirmfliegen. Er versuchte mich zu trösten, baute unser Basecamp ab und machte sich auf den Weg mich abzuholen. Ich zog meine Schuhe aus und machte mich Barfuss auf den Rückweg zur letzten Ortschaft. Als ich die Bauarbeiter passieren wollte, kamen alle auf mich zu und wollten mir helfen. Sie räumten das Auto, hoben mein Velo auf die Ladefläche, montierten es liebevoll und baten mich, mich ins Auto zu setzen. Einer der Arbeiter unterbrach seine Arbeit und fuhr mich die 3 km zurück ins letzte Dorf. Wieder mal Glück gehabt eine Frau zu sein.... 😉


Im Dorf hängte ich mein Zelt, Schlafsack und Mätteli zum Trocknen auf. Eine Stunde später war Roger bereits bei mir, nahm mich in den Arm und half mir alles in Sämi zu verladen.


Kaum zurück in unserem Basecamp kam ein heftiges Gewitter mit Regen- und Hagelschauern. Irgendwie passend zum heutigen Tag und meinem seelischen Befinden. Ich hoffe wir finden dann irgendwo auf der Weierreise einen Specialized Händler, welcher mein Velo nochmals, und dann hoffentlich nachhaltig, wieder auf Vordermann bringen kann. Und natürlich für möglichst wenig Geld. Mit all diesen Zusatzausgaben habe ich meine Auszeit wahrlich nicht budgetiert. 


Aber jammern nützt nichts. Ändern kann ich es nicht. Es hat alles seinen Grund und ich darf mich nicht beklagen. Mir geht es super und auch vom Bienenstich habe ich mich tiptop erholt. Shit happens, aber dafür lebe ich meinen Traum vom Nomadenleben. 


Pura vida

Cristina

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