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Drittelspause nach 6 Monaten

Wie schnell die Zeit vergeht? Bereits ist das erste Drittel unserer Reise vorbei. Mit Höhen, Tiefen und einem Rucksack voller Erinnerungen und unvergesslichen Erlebnissen dürfen wir auf die ersten sechs Monate unseres Nomadenlebens zurückschauen.


PECH UND PANNEN

Dass nicht alles reibungslos verlaufen wird, darauf waren wir eigentlich vorbereitet. Wenn es dann aber tatsächlich eintrifft, ist es manchmal halt doch nicht so einfach immer cool zu bleiben und das Positive daraus zu nehmen. Unser Sämi hat uns die ersten sechs Monate bereits über 12'000 km durch die Schweiz, Frankreich, Spanien und aktuell Italien chauffiert. Er hat nie gebockt und uns immer sicher ans Ziel gebracht. Nur Verschleissmaterial, wie die Bremsen vorne und hinten und etwas AdBlue, mussten ersetzt werden. Diesel braucht er im Schnitt ca. 9 Liter auf 100 km, inkl. Standheizung während den Wintermonaten in der Schweiz. Von Pannen wurden wir, oder besser gesagt hauptsächlich ich, heimgesucht. Das Pech mit dem Wechsler und Schaltauge an meinem Rennvelo habe ich schon zu genüge hier erwähnt 🙈😪. Zurzeit wartet mein Beauty immer noch sehnsüchtig in der Garage meiner Eltern auf die Ersatzteile. Mein Mountainbike, mittlerweile auch schon 7 jährig, musste auch schon ein paar Mal zum Mech und sieht ziemlich mitgenommen aus. Die letzten zwei Wochen im Vinschgau haben es nochmals ziemlich gefordert. Aber Hauptsache Roger und ich sind gesund und ausser dem Bienenstich mit Notfalltransport ins Spital bei mir, wurden wir verschont. Wir waren vorher nie krank und wurden es auch die letzten sechs Monate nie.


LEBEN AUF ENGEM RAUM

Getreu unserem Motto auf unserem Bus "keep it simple" geniessen wir das Leben auf 6m2 sehr. Mittlerweile sind wir ein super eingespieltes Team. Im Verstauen von unserem Material nutzen wir jeden Quadratzentimeter aus und haben den Bus immer wieder mit neuen Features ausgestattet. Das ist das coole an einem Selfmade Bus. Man kann ihn genau so bauen wie man will und unendlich erweitern und verbessern. Wir sehen unterwegs viele Camper, die meisten davon Fertigprodukte vom Fachhändler. Diese sind zum Teil super modern und luxuriös ausgestattet, doch Charme versprühen diese in unseren Augen nicht. Es ist immer schön, nach einem Tag draussen in den Bergen zu unserem Sämi zurückzukehren. Egal wo wir gerade sind, zu Hause sind wir dort wo Sämi gerade platziert ist. Weil unser Sämi ein echtes Unikat und auch wegen des Schriftzuges unverkennbar ist, wurden wir in den letzten sechs Monaten bereits mehrmals erkannt und von Freunden/Bekannten besucht. Gerne zeigen wir dann jeweils unser zu Hause und servieren einen Kaffee und etwas zu knabbern. 


BACKPACKERBLUES

Meine längste Reise dauerte bisher nur drei Monate am Stück. Roger bringt mit seinen zwei Weltreisen von sieben und elf Monaten bereits reichlich mehr Erfahrung mit. Dass das Reisen nicht nur aus Höhenflügen und Glücksmomenten besteht, wusste ich von Roger und den unzähligen Reiseberichten von Menschen welche per Velo, zu Fuss, per Autostop oder mit dem Segelboot die Welt erkundet haben. Vom Backpackersyndrom, von mir liebevoll in den Backpackerblues umgetauft, habe ich auch schon mehrmals gelesen. Dass auch ich nicht davon verschont bleiben würde, hätte ich nicht gedacht. Doch auch mich hat es erwischt. Seit ein paar Tagen bin ich müde und verletzlich. Gestern musste ich meine geplante Velotour über zwei Pässe bereits früh abbrechen. Es ging einfach nichts mehr. Ich bin seit sieben Monaten nonstop unterwegs. Wegen meinem überhöhtem Bewegungsdrang, auch fast täglich mit Sport verbunden. Das Stillsitzen und einfach mal ausspannen fällt mir immer noch schwer. Obwohl ich dank Roger da echt schon Fortschritte gemacht habe. Immer muss was laufen. Wenn nicht Sport, dann bilde ich mich via Onlinekurs weiter, habe ein Buchprojekt begonnen und plane neue Bike-, Berg- und Trailrunningtouren und überlege wo wir noch überall hinreisen könnten. Es wird Zeit, dass wir mal an einem Ort für eine längere Zeit bleiben. Ich bin das nicht nur mir, sondern vor allem auch Roger schuldig. Er macht einfach alles mit. All meine verrückten Ideen und Monstertouren. Was mir persönlich leider schwer zu schaffen macht, ist dieses elende Corona-Theater. Ich kann und will nichts mehr davon hören. Ich habe gedacht, dass es besser wird, sobald alle, die das möchten geimpft sind. Nie im Leben habe ich mir erträumt, dass Menschen wie wir beide, die sich als gesunde Menschen nicht impfen lassen möchten, deswegen diskriminiert werden. Wir akzeptieren jede Meinung, solange wie wir auch unsere Meinung haben dürfen. Wer hätte das gedacht, dass wir ohne Zertifikat oder Green Pass oder wie diese absurden Papiere auch immer heissen, nicht mehr in ein Schwimmbad oder sonstige Indoor Einrichtung hereingelassen werden? Ich habe die Menschen noch nie verstanden, aber je abstruser die ganze Sache wird, desto mehr fühle ich mich in unserer Gesellschaft fehl am Platz. In der Zeitung lese ich nur noch den Sportteil, alles andere versuche ich auszublenden. Es macht mich krank und wütend. 


LIEBE

Roger und ich, wir gehen nun bereits seit 3.5 Jahren gemeinsam durchs Leben. Vor unserer Reise hatten wir beide unsere eigenen vier Wände. Er wohnte in Basel und ich in Frutigen. Eine typische Fernbeziehung, wo man sich immer mega freute, wenn man sich am Wochenende wieder sah und etwas gemeinsam unternehmen konnte. Während der Woche hatten wir beide unsere eigenen Leben und konnten tun und lassen was und wie wir es wollten. Ich habe nie daran gezweifelt, dass wir ein Leben gemeinsam auf engem Raum nicht führen könnten. Wir sind beide sehr freiheitsliebend und im Gegenzug geben wir einander auch die Freiheit, die jeder von uns braucht. Ich bin die Ungeduldige, er der ruhende Pol. Er der Abendmensch, ich die Frühaufsteherin. Er der immer positiv Denkende, ich die fast nur schwarz oder weiss kennt. Ich die Visionärin/Träumerin, er der Ausführende. Gemeinsam haben wir die gleichen Lebensansichten und ergänzen uns bestens. 365 Tage à 24 Stunden auf so engem Raum zusammen braucht Vertrauen und gegenseitiges Verständis. Wir können beide uns selber sein. Er nimmt mich mit all meinen Ecken und Kanten und bei ihm habe ich bisher noch praktisch keine Kanten entdeckt. Es ist als Paar (aus meiner Sicht) ein unglaubliches Geschenk eine solch intensive Reise gemeinsam erleben zu dürfen. Wir wachsen gemeinsam und man lernt sich tief und fest kennen. Ich bin so dankbar, meinen Traum vom Nomadenleben mit Roger teilen zu dürfen und freue mich auf die zwei weiteren Drittel, die wir zum Glück noch vor uns haben.


In Dankbarkeit

Cristina




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