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Heilige Tage - ein Segen für Freiheitsliebende

Obwohl ich rein gar nichts mit Religion anfangen kann und an keinen Gott glaube, freue ich mich immer, dass irgendwann irgendeiner aus irgendwelchen Gründen einen heiligen Tag erfunden hat und ich nicht arbeiten muss!! So konnten Roger und ich über Auffahrt und Pfingsten jeweils vier Tage Zigeunerleben mit unserem Sämi geniessen.


Über Auffahrt zog es uns infolge der besten Wetterprognosen in die Vogesen. Ich reiste am Vorabend mit dem Zug nach Basel und übernachtete bei Roger. Leider wurde unser Wiedersehen durch eine psychische Attacke meinerseits getrübt. Im Goms lebe ich abgeschieden in absoluter Ruhe. Menschen begegne ich nur beim Arbeiten. Es hat wenig Verkehr, keine Trams, keinen Lärm und nicht tausende, verschiedene Gerüche und Geräusche welche auf mich hereinprasseln. Roger holte mich mit dem Velo am Bahnhof ab und gemeinsam fuhren wir nach Allschwil zu Sämi. Am Anfang lief alles gut und ich hatte bereits Freude, dass ich es ohne Kulturschock überstanden habe. Doch plötzlich, aus dem Nichts und ich kann den oder die Auslöser im Nachhinein leider auch nicht bestimmen, wurde ich von meinen "Teufelchen" überrollt. Ich werde aggressiv, bin total gestresst, mit allem überfordert und möchte am Liebsten einfach im Erdboden verschwinden oder Tod umfallen. Roger ist in diesen Momenten leider immer der Leidtragende. Ein anderer Mann hätte mich wohl schon lange verlassen. Wir wissen aber beide, dass sich die Situation immer wieder bessert, sobald wir in seiner kleinen Höhle (Wohnung) sind und ich wieder frei atmen und mich beruhigen kann. Geschlafen habe ich dann wunderbar und am nächsten Morgen durfte ich mit dem Rennvelo über wunderschöne Strassen durchs Elsass bis zu einem kleinen See in den Vogesen fahren. Dort erwarteten mich Roger und unser Sämi. Ich war wieder frei und lebendig. Am nächsten Tag unternahmen wir eine gemeinsame Rennvelotour über diverse, kleinere und grössere Pässe in den Vogesen. Ein Highlight war sicherlich der Grand Ballon. Noch selten habe ich soooo viele Rennvelofahrer gesehen. Hunderte, wenn nicht tausende Velofahrer, von jung bis alt, mit den unterschiedlichsten Velos kamen von allen Richtungen auf diesen Pass. Oben war es frisch und mega windig. Wir waren froh, hatten wir unsere Daunengilets für die Abfahrten dabei. Am dritten Tag machte ich mich wieder alleine auf eine Runde und fuhr die ersten 110km in Richtung Berner Oberland mit dem Rennvelo. Wir wollten wieder mal Gleitschirmfliegen. Deshalb übernachteten wir an unserem Lieblingsplatz im BEO und machten am Sonntagmorgen ein Hike & Fly und am Nachmittag nochmals eine Rennvelorunde. Dann hiess es Sämi in Frutigen deponieren und mit dem Zug zurück ins Goms. Am Montag mussten wir beide leider wieder zurück an die Arbeit. Doch mit der Aussicht auf das nächste verlängerte Wochenende, war der Einstieg zurück in den Alltag einigermassen erträglich.


Ab Freitagmittag hatte ich bereits wieder frei und fuhr mit dem Velo nach Brig und von dort mit dem Zug nach Frutigen. In Frutigen traf ich Roger und gemeinsam mit Sämi fuhren wir nach Blumenstein und absolvierten ein wunderschönes Hike & Fly. Was für ein gelungener Einstieg ins Zigeunerwochenende. Dieses mal ohne Kulturschock und total harmonisch in meinen lieben Bergen. Weiter gings nach Marbach, wo wir die erste Nacht verbrachten. Denn für Samstag hatte ich eine schöne Rennvelorunde geplant. Ich wollte Roger, mit seinem versteckten Bergflohtalent, die Runde über den Glaubenberg und Glaubenbielen zeigen. Zum Glück trainiert Roger nur einen Bruchteil von mir, sonst würde ich ihn jeweils erst wieder auf den Pässen sehen. In Sörenberg wollten wir noch Nicole besuchen, wir waren aber zu früh und sie mit den Kindern noch unterwegs. Zurück bei Sämi war ich so im Flow, dass ich gleich noch alleine weiter fuhr. Ich genoss dieses Flowgefühl, wenn die Beine einfach drehen, ich mich fühle als würde ich schweben und mir von oben zuschauen. Dann bin ich frei, ohne Gedanken, ohne Sorgen und trete als gebe es kein Morgen. Ich liebe dieses Gefühl, es ist wie eine Droge und ich kann nicht in Worte fassen wie es sich anfühlt. Aber ich habe schon Bücher vom sogenannten Runners-High gelesen, wahrscheinlich ist es das, was ich auf dem Velo erlebe. So fuhr ich noch auf den Schallenberg und dann zurück zu Roger nach Marbach.


Am Sonntag machten wir zwei Hike & Flys und genossen die gute Thermik mit etwas soaren. Auch hier mag ich es nicht, wenn andere Menschen, also Piloten um mich sind. Deshalb räume ich immer schnell das Feld und verzichte lieber auf eine lange Flugzeit, als dass ich fremden Menschen bei den Manövern und Kreuzungen vertrauen würde. Ich ging dann nochmals aufs Rennvelo und gegen Abend fuhren wir zur Familie Berger auf den Bauernhof. Immer wieder krass, wie die drei Buben, mittlerweile Teenager, seit dem letzten Besuch gewachsen sind. Action pur, sage ich da nur. Und wie immer wurden wir von Sändle und Chrigu kulinarisch und mit Bier verwöhnt. Schlafen können wir jeweils in Sämi direkt auf dem Hof. 


Ich fuhr dann am nächsten Tag planlos mit dem Rennvelo drauflos. Das Emmental und die unzähligen Nebenstrassen und kleinen Pässe kenne ich wie meine Hosentasche. Ich entscheide jeweils on the Road wo und wie weiter. Umso schöner, als ich beim Berghochfahren Richtung Chuderhüsi plötzlich Nicole kreuzte. Ein kurzer Schwatz, eine Umarmung und ein Selfie sorgten für eine wohltuende Unterbrechung. Denn auf dem Rennvelo versinke ich oft in meine Traumwelt. Teilweise spreche ich mit mir selber, ja ich führe manchmal sogar Dialoge mit mir und meinem Universum. Nach 115km und 2500 Höhenmetern traf ich Roger in Thun. Er genoss seine Zeit auf dem SUP und am Wasser. So kam jeder auf seine Kosten. Wir liessen Sämi in Thun zurück und fuhren mit dem Zug ins Goms. Denn am Dienstag zog es uns, seit langem, wieder mal zum Klettern an die Felsen. So endete auch das zweite, heilige, verlängerte Wochenende mit vielen wunderschönen Erlebnissen.


Der Mittwoch zurück im Büro war für mich dann extrem schwierig. Kaum zurück, kann ich jeweils nicht mehr schlafen. Ich schlafe nirgends so gut wie im Sämi. Seit Donnerstagabend habe ich mit Bauchschmerzen und Übelkeit zu kämpfen. Ich kämpfe mit mir und meinen zwei Teufelchen. Ein Highlight war aber der heutige Zonenkurs, wo ich als Mitglied der Rettungsstation Obergoms, teilnehmen durfte. Ich lernte mit einer Seilwinde in eine Seilbahn zu gelangen, einen Verletzten mit Schlitten aus einem Tobel zu bergen, mit speziellen Steigeisen und Seil einen Baum hochzuklettern und Repetition im Kartenlesen und den Umgang mit Kompass. Ein lehrreicher Tag in der Natur mit netten Menschen!! 


Pura vida

Cristina

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