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Korsika - ich komme wieder

Ich sitze auf unserer Lounge in unserem Sämi auf einem Pass in der Nähe von Bastia. Ich habe es knapp vor dem Gewitter mit dem Velo zurück auf den Pass geschafft. Aktuell gewittert es und regnet in Strömen, aber im Sämi ist es kuschelig warm und gemütlich. Zum Schreiben gönne ich mir an meinem letzten Abend hier auf Korsika eines dieser leckeren korsischen Kastanienbiere. 

 

Morgen um 7.30 Uhr bringt mich meine Fähre von Bastia zurück ans Festland nach Nizza. In Nizza war ich bisher auch noch nie. Wobei ich mich dann gleich auf die lange Rückfahrt zu Roger nach Basel begeben werde.

 

Wie immer, gingen auch diese Ferien viel zu schnell vorbei. Während den 11 Tagen habe ich einiges erleben dürfen. Wie bereits im letzten Blog geschrieben war ich die ersten Tage mit Isa unterwegs. Sie in ihrem Zelt und ich in Sämi. So hatten wir beide unsere Freiräume und konnten unseren eigenen Tages-Rhythmus verfolgen. Auch unser Tagesprogramm haben wir je nach Lust und Laune sowie unseren individuellen Bedürfnissen gestaltet. Einmal fuhren wir mit unseren Velos in ein Tal um zu klettern. Isa zog den Anhänger mit dem Klettermaterial und dank ihrem E-Gravel, hatte ich kein schlechtes Gewissen. Isa klettert nicht. Ich habe ihr gezeigt wie sichern und dann habe ich eine Route geklettert. Leider war der Fels nach dem vielen Regen viel zu nass und es ist bei dieser einen Route geblieben. So machten wir halt eine Velotour! Seit Samstagabend war ich dann ganz alleine. Isa befindet sich seit Sonntag irgendwo im Zentrum von Korsika auf einer Selbstversoger-Hippiefarm. Dort wird sie die nächsten paar Wochen für Kost & Logie im Garten helfen und nebenbei mit den Hippies meditieren. Ich bin gespannt auf ihre Erzählungen nächsten Frühling, wenn es Isa wieder für ein paar Monate zurück in die Schweiz verschlägt. 

 

Ich meinerseits blieb in den Bergen im Zentrum von Korsika, rund um Corte. Das Wetter tropisch: mit Sonne, Regen und in gewissen Tälern Nebel. Die Insel erinnert mich stark an meine Lieblingsinsel La Gomera auf den Kanaren. Auch dort bin ich fast täglich auf meinen Velotouren einmal im Nebel gelandet und teilweise verregnet worden. Die Temperaturen waren die letzten Tage angenehm mild. Fürs Velofahren und Wandern in den Bergen ideal. Auf meinem Bike & Hike in Richtung Monte Cinto, begegnete ich keiner Menschenseele. Ich bin nicht bis auf den Gipfel gewandert, weil ich wegen Regen später gestartet bin und gegen Abend wieder ein Gewitter gemeldet war. Eine Horde Korsischer Senioren hat mich tags zuvor in einem Café vor den heimtükischen Bergen und dem Wetter auf Korsika gewarnt. Wie fast überall, fangen Senioren oft mit mir ein Gespräch an. Isa hat sich neben mir ziemlich amüsiert, wie ich mit meinem bescheidenen Französich mit den vier Herren geplaudert und gestikuliert habe. Den regnerischen Samstag haben wir beide nämlich in diversen Cafés bei Cappuccino & Gipfeli sowie der Besichtigung des Stätdchen Corte verbracht. Wobei Cappuccino kann man die Getränke in Frankreich nicht wirklich nennen. Eher eine heisse Kaffeebrühe mit einem Schuss Milch und manchmal sogar noch Schokoladenpulver. Immerhin die Croissants sind lecker. Ich habe auch nichts anderes erwartet, da Roger und ich auf all unseren Reisen in Frankreich noch nirgens einen echten Cappuccino à la Italia getrunken haben. 

 

Ich habe unter anderemdrei Nächte ganz alleine an einem schönen See in den Bergen übernachtet. Das Camper Verbotsschild hatte ich übersehen. 🤣 Die Polizisten kamen am ersten Abend vorbei, haben aber nichts gesagt. Jetzt in der Zwischensaison ist es sowieso viel ruhiger. All die Touristenfallen, wie Roger immer so schön sagt, waren zum Glück bereits geschlossen. Auch Campingplätze, Touristenattraktionen, Seilpärke, Hotels etc. sind die meisten geschlossen. Teilweise ist es wie ausgestorben. Nur auf und neben den Hauptstrassen rund um die Insel und in der Nähe der Städte und Strände, hat es immer noch viele Menschen und Autos. Doch in den Bergen hat man seine Ruhe. Ausser im Sommer, von Juni bis August, muss Korsika die Hölle sein. Dann ist es nicht nur viel zu heiss, sondern es wimmelt bestimmt von nervigen Touristen und Touroperators und all den schrecklichen Restaurants und Touristenfallen, welche um jeden Touristen buhlen. Schon bedenklich, wenn ein Restaurant auf Korsika schreiben muss: "mit korsischen Spezialitäten"?? Davon würde ich als Tourist doch ausgehen, wenn ich auf Korsika bin? Doch auch hier wimmelt es von Pizzerias und Fast Food Restaurants, aber da ich Restaurants sowieso nicht mag und nur ab und zu eine Boulangerie und Café aufsuche, kann mir das egal sein. Und wie mich der Weltenbummler Roger lehrte, die Bar Centrale und dort wo nur Einheimische sich aufhalten, dort ists gemütlich und wird man nicht übers Ohr gehauen. Wenn Roger und ich nämlich unterwegs sind, ich mit dem Velo und er mit Sämi, dann treffen wir uns am vereinbarten Ort meistens in der Bar Centrale. Übrigens oft noch neben der Kirche! 🤣

 

Korsika ist ein echtes Veloparadies. Die vielen einsamen, schmalen Strassen waren meistens menschenleer. Ausser auf Kühe und Schweine, sowie Strassenbeläge mit Moos und Kastanien muss man beim Runtersausen acht geben. Mit dem Rennvelo aber gut machbar. Ich hatte mein Gravel dabei, so konnte ich die eine oder andere Gravelsektion einbauen. Auch für Bike & Hike Ausflüge war das Gravel das ideale Gefährt und ich kenne erst den nördlichen Zipfel und das Zentrum bis Corte von Korsika. Ich wollte mit Sämi nicht viele Kilometer zurücklegen, aus Rücksicht auf mein Portmonnaie :-) So habe ich die Gegend hauptsächlich auf dem Velo und zu Fuss erkundet. Irgendwann werde ich hoffentlich mit Roger für mindestens einen Monat wieder kommen und auch den restlichen Teil von Korsika erkunden.

 

Auch fürs Klettern ist Korsika ein Paradies. Sofern das Wetter passt und es nicht jeden Tag regnet. Diese Woche befindet sich Milo, ein Bekannter aus dem Goms, mit seinem Vater auf Korsika. So hatte ich am Dienstag und heute einen Kletterpartner. Am Dienstag kletterten wir im Vallée Restonica und heute oberhalb von Bastia. In beiden Klettergärten fanden wir top abgesicherte Plaisirrouten an super genialem Fels. Zwar war der Fels heute etwas feucht, aber trotzdem ein purer Genuss. 

 

Neben all den Ausflügen hatte ich viel Zeit zum lesen, für Sudokus und Podcasts hören. Da ich im Moment keinen Laptop mehr besitze und auch kein Tablet habe, war ich nur teilweise durch mein Handy online abgelenkt. Ich habe mir viele interessante Bücher und Podcasts zu den Themen: Autismus, verschiedene Beziehungsformen, Hochsensibilität, Vanlife und autarkes Leben reingezogen. Dank meiner Psychologin weiss ich seit rund einem Jahr, dass ich nicht, wie ich oft befürchtet hatte, im Autistischen Spektrum bin, sondern das Persönlichkeitsmerkmal der Hochsensibilität in mir besitze. Podcasts von Gleichgesinnten haben mir weiter Mut gemacht mich so zu lieben wie ich bin und meine Andersartigkeit als Chance und nicht Nachteil zu sehen. Deshalb fühle ich mich alleine so wohl und nicht einsam. Eher fühle ich mich in grossen Gruppen, Veranstaltungen, Apéros etc. einsam, weil Smalltalk nichts für mich ist und die vielen Gerüche und Geräusche mich wahnsinnig machen. Also, sollte ich in deinen Augen mich irgendwo, irgendwann wieder nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechend verhalten, dann nimm das bitte nicht persönlich. Ich reagiere, wie mir zum Glück Roger in solchen Momenten erklärt, oft nicht so wie unsere Gesellschaft und Strukturen das gerne hätten oder wie man es sich gewohnt ist. Aber ist es nicht schön, dass wir Menschen so unterschiedlich und bunte Wesen sind? Und wer hat definiert was normal ist? Ist das nicht immer eine Frage des Betrachters? Darum liebe Welt, jeder und jede hat einen Platz verdient und darf sein wie er/sie möchte. 

 

Nun freue ich mich, Roger bald wieder in die Arme schliessen und all die vielen Erlebnisse, Gedanken und Gefühle mit meinem Lieblingsmenschen teilen zu dürfen.

 

Pura vida

Cristina

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